Rettungsdienst-Symposium: Viel Praxis und kritische Fragen
Praxisnah, wissenschaftlich fundiert und aktuell: In gewohnter Qualität bot das 16. Mittelhessische Rettungsdienst-Symposium am 13. und 14. Januar ein hochkarätiges Programm. Dabei ging es nicht nur um die Berufspraxis, sondern auch um eine kritische Außereinandersetzung mit den Zukunftsfragen des Rettungsdienstes.
Fünf praxisorientierte Workshops boten am Freitag die Möglichkeit, sich für den Alltag auf dem neuesten Stand zu halten - vom Heben und Tragen über Rettungstechniken bis hin zu einer interaktiven Fallkonferenz.
Am Samstag standen Fachvorträge auf dem Programm. In der Auseinandersetzung mit aktuellen Themen der Notfallversorgung im Kontext der Strukturveränderungen (Dr. Simon Little; Dr. Andre Gnirke) wurde deutlich, dass "Weiter so" keine angemessene Antwort des Systems Rettungsdienst darstellt. Den gesteigerten Anforderungen müsse durch neue Konzepte begegnet werden.
Es folgten berufspraktische Vorträge zu den Fallstricken der Traumareanimation (PD Dr. Claas Buschmann) und den formalen Herausforderungen bei ambulanter Behandlung durch Notfallsanitäter/innen und Rettungsassistent/innen (Jörg Blau).
Der zweite Block stand unter der Überschrift Versorgung von Palliativpatienten. Sehr praxisnah und mit regionalen Bezügen gewährten Dr. Hans Albrecht Oehler und Dr. Holger Hauch bereichernde Einblicke in die Versorgungsstrukturen für betroffene Erwachsene und Kinder mit unheilbaren Krankheiten. Insbesondere bei Kindern steht im Einsatzfall jederzeit ein Ansprechpartner zur Verfügung, der auch zur Einsatzstelle gerufen werden kann.
Den aktuellen Stand des Pyramidenprozess zur Umsetzung des Notfallsanitätergesetzes (NotSanG) referierte Prof. Dr. Dr. Alex Lechleutner, Vorsitzender des Bundesverbandes der Ärztlichen Leiter im Rettungsdienst Deutschland e.V. Er machte deutlich, wie unterschiedlich die Wege zur Umsetzung des NotSanG in den einzelnen Bundesländern sind. Die anschließende Diskussion thematisierte Probleme, die im Umsetzungsprozess auftreten - etwa den Umstand, dass in der Ausbildung Algorithmen gelehrt werden, die in der Praxis vor Ort (noch) nicht zur Anwendung kommen. "Dies", so Lechleutner, "ist dem Übergangsprozess geschuldet. Bitte haben Sie Geduld!"
Aktuelle Zahlen zur Personalsituation präsentierte Frank Flake, 2. Vorsitzender des Deutschen Berufsverbandes Rettungsdienst e.V. (DBRD). Im November 2016 hatte der Verband eine bundesweite Befragung im Rettungsdienst durchgeführt. Die Antworten zeigen auf, wie schwierig der Fachkräftemangel für die Beschäftigten im Rettungsdienst ist. 54% der Befragten gaben an, dass in ihrem Rettungsdienst bereits Rettungsmittel abgemeldet werden mussten, weil sie nicht mehr besetzt werden konnten; und 80% leisten bereits regelmäßig Überstunden. Gefragt nach ihrer Prognose, ging der Großteil davon aus, dass sich diese Situation weiter verschlechtern werde. Viele würden ihren eigenen Beruf nicht mehr weiter empfehlen. Flake unterstrich, dass nur durch eine Vielzahl von Maßnahmen der Fachkräftemangel bewältigt werden könne. Hier seien die Arbeitgeber gefragt. Weiterhin forderte Flake eine klare Abgrenzung der Einsatzindikationen und ein kritsches Nachdenken über das Mehrzweckfahrzeug-Konzept.
Zum Abschluss der Veranstaltung bekräftigten Markus Müller, Geschfätsführer des DRK Rettungsdienst Mittelhessen und Marco Schulte-Lünzum, Regionalvorstand der Johanniter noch einmal, wie groß der Veränderungsbedarf sei, um dem Rettungsdienst aus der Krise zu helfen. "Wir müssen zusammen rücken, wir brauchen gemeinsame, politische Lösungen", sagte Schulte-Lünzum. Es müsse diskutiert werden, ob die MZF-Strategien noch überall richtig seien, und auch in bezug auf Vorhalteerweiterungen brauche man andere Denkansätze.